Hauptbahnhof

Gestern hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, einen Gast vom Hauptbahnhof (Lehrter Bahnhof) abzuholen. Da ich den Gast nicht „vom Sehen“ kannte, wollte ich ihn direkt vom Wagen 4 abholen – dort hatten wir uns verabredet.
Dieser Beitrag ist tendenziell negativ, weil hier habe ich beim Umsteigen von der Regionalbahn (unterer Bahnsteig) zum IC (oberer Bahnsteig) Diesen verpasst, weil ich geschlagene 11 Minuten zu dem richtigen Bahnsteig gebraucht habe. Ich hatte also Zeit, mir dieses Gebilde mal näher anzuschauen. Grundsätzlich haben Kritiker ja recht, die sagen der Hauptbahnhof wäre ein Kaufhaus mit Bahnanschluss. Ich würde sagen, ein teures Billigkaufhaus mit Gleisen, weil Bahnanschluss hat man ja kaum, die Umsteigezeiten und Wege sind so geplant und konstruiert, dass man immer genug Zeit zum Shoppen hat. Egal, wie Sie sich beeilen und rennen, wenn Sie von den Kameras erfasst werden, wird notfalls der Anschlusszug von der Führerwarte Leitstelle früher abgefertigt. Und wenn Sie langsam laufen, kommt gleich der Sicherheitsdienst und verweist Sie als Penner vom Platz („Sie dürfen sich hier nicht aufhalten!“).
Ich selbst hatte auch mal eine Modelleisenbahn und ich fand das total schau, wenn ein Zug in den Bahnhof einfährt und ein anderer fährt raus – oder auch zwei Züge begegnen sich im Tunnel – oder… egal, jedenfall kann Herr Mehdorn nicht so ein Modell haben; Er schaut also aus dem Fenster und brüllt ins Telefon: „Gleis 11 abfahren… jetzt!“
Also suchte ich Gleis 12, den Wagenstandsanzeiger, an dem man ablesen kann, in welchem Bereich Wagen 4 des ICE hält. Allein, auf dem Wagenstandsanzeiger war der Zug nicht zu finden. Also fragen bei dem für meine Begriffe zahlreich (vier!) vorhandenen Bahnpersonal. Auf dem Wagenstandsanzeiger sind ankommende Züge nicht eingetragen und der Zug aus Göttingen hat wegen eines Oberleitungsschadens eine Stunde Verspätung. Nachfrage – nein, der Zug hat „nur“ eine halbe Stunde Verspätung. Ich bin ja auch gerne etwas extra früher da, kann ja auch mal was dazwischenkommen, also warten.
Eine Stunde warten.
Gleis 12 liegt oben, in Ost-West-Richtung, oder auch in der Hauptwindrichtung. Nach gefühlten 30 Minuten war ich durchgefroren und der Wind pfiff durch meine Kleidung. Ein Blick auf die Uhr sagte mir: nur noch 55 Minuten. Wartesaal. Wo ist hier der Wartesaal. Ah! DB-Lounge, so heisst das heute. Vorn ein kleiner Tresen mit einer als Stewardess verkleideten Schaffnerin, die mich nach meinen Fahrausweisen fragte. Ich sagte, ich hole nur jemanden ab und muss 1 Stunde warten wegen Verspätung. Tja, was soll ich sagen, ohne Fernfahrkarte muss man dort Eintritt zahlen! Wieviel, habe ich nicht gefragt, aber auf meine Frage nach einem normalen Wartesaal hat die Schaffnerin gesagt: „Da müssen Sie zur Bahnhofsmission gehen dort drüben!“

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