Über Gehölzschnitt – Teil 1

Warum überhaupt schneiden?

– um die Pflanze zu erhalten,
– um der Pflanze eine Starthilfe zu geben,
– um die Pflanze zu verjüngen,
– um mehr Blüten zu bekommen,
– um mehr Früchte zu ernten,
– um die Pflanze zu verkleinern,
– um der Pflanze eine Form zu geben,
– um fehlerhafte Planung (zu dicht und zu viel gepflanzt) auszugleichen.

Wuchsformen (Verzweigungsformen) der Gehölze:

Basitoner Wuchs:
Die Triebe kommen weitestgehend aus der Wurzel (Basis).
Zur Verjüngung müssen allmählich die ältesten Stämme/Triebe vollkommen herausgeschnitten werden.

Mesotoner Wuchs:
Die Triebe kommen weitestgehend aus dem mittleren Teil des Strauches.
Zur Verjüngung schneidet man diese bis auf die Neutriebe zurück.

Akrotoner Wuchs:
Die Neutriebe entstehen überwiegend an den Terminalknospen der Zweige, z. B. bei Bäumen.
Dadurch entsteht mit der Zeit ein Bogig überhängender Wuchs, die Zweige reichen mitunter bis auf den Boden.
Zur Verjüngung werden die Zweige bis in den mittleren, manchmal bis in den unteren Bereich zurückgeschnitten.

Blütenbildungsverhältnisse:

1. Die Blüten sind im Herbst vorgebildet

a) Die Blüten sitzen auf der ganzen Länge der letztjährigen Triebe (z. B. Philadelphus, Deutzia, Weigela, Spiraea, Kletterrosen) oder
an zweijährigen Trieben (z. B. Forsythia und Spiraea arguta).

Schnittmaßnahmen:
Lassen die Sträucher in der Blühwilligkeit nach oder werden sie zu dicht, lichtet man sie unter Wahrung des arttypischen Habitus aus. Alte Zweige werden dabei am Boden abgeschnitten. Bei Sträuchern mit mesotonem Wuchs (z. B. Deutzia) werden die alten Äste auf junge Seitenäste zurückgenommen. Auch zu dicht stehende Jungtriebe werden entfernt.

Ein mäßiger Schnitt zur Blütengewinnung vor oder während der Blüte führt zum gleichen Ergebnis.

Ansonsten ist ein Winterschnitt zu empfehlen. Die Literatur-Angabe «Rückschnitt nach der Blüte» ist vor allem bei Sommerblühern nicht günstig, weil der Schnitt dann zu spät erfolgt, so daß es nicht mehr zu einem Austrieb kommt.
Schnittfolge in 3 -bis 5-jährigem Turnus.

b) Die Blüten sitzen an den Spitzen der letztjährigen Triebe (z. B. Flieder, Schneeball, Hartriegel-Arten).

Schnittmaßnahmen:

Diese Gehölze brauchen wenig Schnitt. In 5 -bis 8-jährigem Turnus werden alte Äste herausgeschnitten.
c) Die Blüten sitzen an besonderen Kurztrieben an zwei und mehrjährigem Holz (z. B. Zieräpfel, Zierkirschen, Cotoneaster).
Schnittmaßnahmen:
Hier müssen natürlich genügend ältere Triebe erhalten werden. Es wird nur ein Auslichtungsschnitt vorgenommen. Das Einkürzen der Triebe führt nur zu verstärkten Holztrieben, nicht zur Vermehrung der Blüte.
Schnitt in 5- bis 8-jährigem Turnus.

2. Die Blüten bilden sich an den wachsenden Jahrestrieben

a) Die Blüten sitzen am Ende des Jahrestriebes und sind praktisch der Abschluß des Jahreswachstums (z. B. Buddleja, Spiraea japonica, Edelrosen, Polyantharosen, Hydrangea paniculata).

Schnittmaßnahmen:

Bei diesen Pflanzen ist jährlich ein starker Rückschnitt erforderlich. Werden sie nicht geschnitten, treiben bei ihrem akrotonen Wachstum nur die obersten Knospen, wodurch die Pflanzen von unten her verkahlen.

Der Rückschnitt herunter aufs alte Holz erfolgt am besten im Spätwinter, wenn keine schädigenden Fröste mehr zu erwarten sind.

b) Die Blüten entwickeln sich aus den Blattachseln

der Sommertriebe (z. B. Hibiscus, Colutea).

Schnittmaßnahmen:

Es ist eigentlich kein Schnitt erforderlich; hier genügt ein Auslichten bei Bedarf.

c) Die Blüten kommen aus diesjährigen Trieben aus der Basis der Pflanze. Es sind dies die sogenannten Halbsträucher, deren Triebe nicht ausreifen und die deshalb auch meist zurückfrieren (z. B. Perovskia).

Schnittmaßnahmen:

Hier ist im Spätwinter jährlich ein starker Rückschnitt erforderlich.
(gekürzt und verändert nach Boerner/Koch 1987)

Pflanzschnitt:

Wurzelnackte Ware (ohne Ballen, Topf, Container):
Ziel ist die Verringerung von Verdunstungsfläche, damit der Verlust an Wurzeln ausgeglichen wird. Die Wurzelmasse sollte die oberirdischen Pflanzenteile mit Nährstoffen versorgen können.
Merksatz:
Der Sproß nicht zu lang, die Wurzeln nicht zu kurz. (nach Beltz)

Erhaltungsschnitt:

Die rot markierten Schnittstellen sind richtig, weil:
a) Der Zweig angebrochen ist,
b) Der Zweig mit einem anderen konkurriert,
c) Der Zweig nach innen wächst.
d) sie schaffen einen Ausgleich zwischen ober- und unterirdischen Pflanzenteilen.

Gesundheitsfördernder Schnitt, Ersatz von alten Trieben, Stärkung der Generationsfähigkeit (generatives Wachstum).
Bei basitonen Trieben so tief wie möglich schneiden, weil sonst Pilzbefall droht. Äste und Zweige, die sich reiben, angebrochen oder krank (verpilzt) sind, bis zum untersten Knoten schneiden. Keine „Kleiderhaken“ stehen lassen. Frühjahrsblüher gleich nach der Blüte schneiden. Arttypischen Habitus erhalten.
Schnittregeln:
Zweige, Triebe und Äste werden entfernt, wenn:
a) der Zweig angebrochen ist,
b) der Zweig mit einem anderen konkurriert,
c) der Zweig nach innen wächst,
d) der Zweig verpilzt ist.
Frühjahrsblüher gleich nach der Blüte schneiden. Arttypischen Habitus erhalten.
Merksatz:
Schneide so, daß man nicht sieht, daß geschnitten worden ist!

Verjüngungsschnitt:

Radikaler Schnitt zur Förderung des vegetativen Wachstums. Soll zur Vermeidung von Wassertrieben (Geilwuchs) auf mehrere Jahre verteilt werden. Der Schnitt sollte Ende Februar abgeschlossen sein. Auch hier gilt:
habitusnah schneiden,
keine Kleiderhaken,
beschädigte,
sich reibende,
kranke und
sich gegenseitig Konkurrenz machende Äste und Zweige so tief wie möglich abschneiden und den Schnitt insgesamt auf ein Drittel begrenzen.

Ertragsschnitt

meint hier Obstgehölzschnitt. Ziel ist, reiches und frühes Fruchten zu erzwingen; große und gesunde Früchte zu erzeugen und die Ernte zu vereinfachen bis hin zur Ermöglichung der maschinellen Ernte. Behandelt wird hier der naturnahe Obstgehölzschnitt, der Kenntnisse von der vorhandenen Sorte und Unterlage verlangt.

Zur allgemeinen Verdeutlichung wird ein Obstbaum in mehrere Elemente eingeteilt.

Der Baum besteht aus:
Der Unterlage (Wurzel)
Der Veredelung
Stamm
Stammverlängerung
Leitast
Leitastverlängerung
Fruchtast
Fruchtspieß

An den Leitästen bzw. den Leitastverlängerungen findet die sog. Rotation des Fruchtholzes statt. Die unteren Teile der Leitäste werden durch das Gewicht des Obstes nach unten gezogen. Auf den Scheitelpunkten der Leitäste bilden sich neue Fruchtäste, an denen sich neue Fruchtspieße bilden können.
Die ältesten, herunterhängenden Äste werden behutsam entfernt (nicht alle auf einmal), die neuen Fruchtäste (Reiter) werden in der Menge bis auf die Basis vermindert. Nicht mehr als ein Drittel in einem Jahr entfernen.
Merksatz:
Je stärker der Schnitt, umso stärker der Austrieb.

Wird fortgesetzt.

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